Arbeitszeugnis Noten: gut, besser, am besten. Oder doch eher Durchschnitt?
Vor einiger Zeit klagte eine Arbeitnehmerin, weil ihr Arbeitszeugnis der Note drei entsprach. Sie war damit jedoch
nicht einverstanden und argumentierte, dass 85 % aller Arbeitszeugnisse mit der Note gut oder sehr gut ausgestellt seien. Damit entspräche die Note "gut" einer durchschnittlichen
Leistung.
Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf eine mindestens durchschnittliche Bewertung. Alles was darunter liegt, muss der Arbeitgeber beweisen. Andersherum muss jedoch der Arbeitnehmer bei Streitigkeiten über die Zeugnisnote Beweise darlegen, wenn seine Bewertung besser als die Durchschnittsnote ausfallen soll. Die oben genannte Arbeitnehmerin war der Meinung, dass eine durchschnittliche Bewertung der Note zwei entsprechen würde und klagte dies ein. Der Prozess ging durch mehrere Instanzen und wurde letztendlich vor dem Bundesarbeitsgericht verhandelt. Dieses entschied, dass es dabei bleibt, wenn der Durchschnitt der Note drei entspricht.
Nachverhandeln lohnt sich häufig!
Wenn Sie mit Ihrer Benotung nicht einverstanden sind empfiehlt es sich, ein Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen.
Wichtig ist dabei, das Sie sachlich argumentieren und Ihren Anspruch belegen können! Ein "ich finde, ich war aber besser" wird kaum ausreichen. Ebenso wichtig ist es, dass Sie die einzelnen
Passagen im Zeugnis analysiert haben und dem Arbeitgeber ganz klar mitteilen können, welcher Note diese Wertung entspricht und was sie aussagt!
Bereiten Sie sich also auf das Gespräch vor, indem Sie Argumente sammeln, einzelne Aussagen im Zeugnis "übersetzen", fehlende Kriterien benennen und Ihre Arbeitserfolge zusammenfassen. Hilfreich sind in jedem Fall Beweismittel:
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ein vorliegendes gutes bis sehr gutes Zwischenzeugnis
- Mitarbeiterbeurteilungen
- betriebsinterne Auszeichnungen
- Prämien und Bonuszahlungen für gute Leistungen
- möglicherweise können auch Kolleginnen und Kollegen oder ehemalige Vorgesetzte, welche eine bessere Leistung bescheinigen können, hinzugezogen werden.
Eine gute Bewertung im Zwischenzeugnis ist für den Arbeitgeber bindend. Besonders wenn das Arbeitszeugnis vor nicht allzu langer Zeit erstellt wurde und einen großen Beurteilungszeitraum des Arbeitsverhältnisses ausmacht, haben Sie gute Chancen, dass dieses als Beweismittel von Wert ist.
Die Zeugnissprache ist komplex: Häufig ist dem Arbeitgeber einfach nicht bewusst, dass das Zeugnis nicht der guten Wertung entspricht, welche er beabsichtigt hat. Hier kann folgendes helfen:
- Klären Sie zunächst, ob die Wertung tatsächlich so gewollt ist und den Tatsachen entspricht.
- Analysieren Sie Ihr Zeugnis oder lassen Sie sich eine professionelle Analyse erstellen
- Schlagen Sie Ihrem Arbeitgeber Alternativen zu den Formulierungen vor
- Gegebenenfalls ziehen Sie einen Experten hinzu
- Machen Sie Ihrem Arbeitgeber bewusst, dass ihr Arbeitszeugnis in der Bewertung deutlich unter dem liegt, was ihre Mitbewerber möglicherweise vorweisen können
- Da normalerweise der direkte Vorgesetzte die Beurteilung als Vorlage für die Personalabteilung erstellt oder das Zeugnis sogar selber schreibt, wenden Sie sich, wenn ein Gespräch nichts bringt, an den nächsthöheren Vorgesetzten oder die Personalabteilung.
Erst wenn diese Maßnahmen nicht helfen, Sie jedoch davon überzeugt sind, dass das Arbeitszeugnis nicht ihren tatsächlichen Leistungen entspricht, lassen Sie sich juristisch beraten und klären Sie, ob eine Klage Erfolg haben kann.
Praxistipp: Lassen Sie sich Zwischenzeugnisse ausstellen, wann immer Sie Gelegenheit dazu haben und mit einer guten oder sehr guten Beurteilung rechnen. Beurteilungen sind immer subjektiv und vom Vorgesetzten abhängig. Es ist gut möglich, dass Sie eine sehr gute Beurteilung von einem Vorgesetzten erhalten der vielleicht ausscheidet, oder andere Aufgaben übernimmt. Vielleicht ist der nächste Vorgesetzte kritischer oder setzt seine Prioritäten anders. Mit einem Zwischenzeugnis haben sie ein rechtssicheres Dokument, mit welchem Sie ihre bisherigen guten oder sehr guten Leistungen belegen können. Sammeln Sie auch Unterlagen oder Nachweise für besondere Leistungen und gute Mitarbeiterbeurteilungen. So haben Sie gegebenenfalls einen Nachweis in der Hand, wenn Sie eines Tages einen Nachweis für ein verbessertes Arbeitszeugnis benötigen.