Für viele Arbeitnehmer ist ein Arbeitszeugnis ein Buch mit sieben Siegeln. Geheimcodes, Verschlüsselungstechniken, der Aufbau der Tätigkeitsbeschreibung, die Schlussformel – im Laufe der Jahre hat sich eine spezielle Zeugnissprache entwickelt, in welche die Leistung des Mitarbeiters übersetzt werden muss, um den gesetzlichen Bestimmungen zu genügen.
Es ist für einen erfahrenen Einstellungsentscheider kein Problem, ein Arbeitszeugnis zu interpretieren. Dagegen kann es für einen Arbeitnehmer zum großen Fragezeichen werden. Liest der potentielle Arbeitgeber Informationen aus dem Zeugnis heraus, die einer Einstellung entgegenstehen und die dem Arbeitnehmer selbst nicht bekannt sind, ist der Bewerber klar im Nachteil.
Damit Sie bei Bewerbungen nicht in diese Falle tappen, sollten Sie Ihr Arbeitszeugnis prüfen und gegebenenfalls auch reklamieren, wenn es fehlerhaft ist. Das sollten Sie kurzfristig tun, denn die Rechtsprechung entscheidet bezüglich der Widerspruchsfristen von Fall zu Fall.
Beachten Sie die Fristen!
Grundsätzlich besteht ein dreijähriger Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Diese Frist kann jedoch infolge tariflicher oder einzelvertraglicher Vereinbarungen deutlich eingeschränkt sein, teilweise sogar auf maximal 2 Monate. Handeln Sie daher umgehend. Sofort nach Erhalt sollten Sie Ihr Arbeitszeugnis prüfen lassen oder selbst bewerten und ggf. sofort reklamieren.
Worauf Sie Ihr Arbeitszeugnis prüfen sollten:
Ihr Arbeitszeugnis sollte ein charakteristisches Bild von Ihnen darstellen und eine Art „Längsschnitt“ Ihrer Leistungen abbilden. Neben der Vollständigkeit der Beurteilungskriterien:
sollten Sie zunächst prüfen, ob die Notengebung mit Ihren eigenen Einschätzungen übereinstimmt.
Wenn Sie unsicher sind, ob Sie alle relevanten Kriterien und auch die Benotung sicher beurteilen können, können Sie im Zweifelsfall professionelle Dienste in Anspruch nehmen und Ihr Arbeitszeugnis prüfen lassen. Dann können Sie sicher sein, dass nichts übersehen wird und erhalten Hilfestellung, wenn Sie das Zeugnis reklamieren müssen.
Und wenn das Zeugnis überarbeitet werden muss?
Auch wenn mancher Arbeitgeber der Zeugniserstellung skeptisch gegenüber steht oder es leider auch in dem einen oder anderen Fall nutzt, um seinen Unmut über den Arbeitnehmer auszudrücken, sind Fehler im Arbeitszeugnis meist unbeabsichtigt und lassen sich in einem Gespräch schnell klären. Zeigt sich der Arbeitgeber uneinsichtig, reklamieren Sie schriftlich oder lassen Sie sich anwaltlich beraten.
Unser Tipp:
Auch wenn Sie das Zeugnis nicht sofort benötigen, weil Sie bereits in einem neuen Job tätig sind, sollten sofort nach Erhalt das Arbeitszeugnis prüfen lassen, wenn Sie selbst wenig Erfahrung in der Thematik haben. Zögern Sie bei Fehlern oder Unvollständigkeit nicht, das Zeugnis auch umgehend zu reklamieren – es wäre ärgerlich, wenn Sie eine gute Bewertung bei einer späteren Bewerbung nicht vorlegen könnten, weil Sie Fristen versäumt haben!
Reichen Sie einen eigenen Zeugnisvorschlag bei Ihrem Arbeitgeber ein - so können Sie sicher sein, dass das Arbeitszeugnis alle relevanten Kriterien enthält!
Die Entscheidung, ob die Elternzeit im Arbeitszeugnis erwähnt werden soll, obliegt der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer, wenn die Dauer der Elternzeit weniger als die Hälfte des gesamten Beschäftigungsverhältnisses ausmacht.
Viele Berufsbilder leben von ständig steigenden Anforderungen und der Weiterentwicklung des Wissens. In manchen Unternehmen ist eine Elternzeit nicht gerne gesehen, da interpretiert wird, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer den Anschluss an seine Tätigkeit verloren hat und das Wissen nach einer längeren Auszeit nicht mehr aktuell ist. Infolgedessen können bei einer Bewerbung Nachteile entstehen, wenn die Elternzeit im Arbeitszeugnis erwähnt wird.
Aus diesem Grund darf die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer selbst entscheiden, ob die Elternzeit im Arbeitszeugnis erwähnt werden darf.
Im Arbeitszeugnis ist die chronologische Entwicklung des Arbeitnehmers aufzuführen. Dazu gehört die jeweilige Positionsbezeichnung, die dazugehörigen Arbeitsinhalte, die tagesgenaue zeitliche Abfolge und eventuell auch die Wechselgründe.
Grund hierfür ist, dass sich der Arbeitnehmer möglicherweise wieder in einem Bereich oder auf eine Aufgabe bewerben möchte, die er auch schon vor längerer Zeit durchgeführt hat. Alle Berufserfahrungen, aus welchen der Einsteller auf das Leistungsvermögen des Arbeitnehmers schließen kann, sind daher zeugnisrelevant.
Bei häufigen Positionswechseln sollten Sie immer ein Zwischenzeugnis schreiben lassen!
In der Praxis kann bei einer langjährigen Betriebszugehörigkeit und häufigen Positionswechseln die übliche Länge von zwei bis maximal drei Seiten des Arbeitszeugnisses allerdings schnell überschritten werden. In solchen Fällen macht es Sinn, im Endzeugnis auf ein früheres Zwischenzeugnis zu verweisen, welches eine ausführliche Darstellung enthält und sich auf die ausführlichere Schilderung der letzten Tätigkeiten und Jahre zu beschränken. Auch aus diesem Grund empfehlen wir Arbeitnehmern, sich regelmäßig ein Zwischenzeugnis ausstellen zu lassen.
Wenn die Tätigkeitsbeschreibung zu umfangreich ist:
Aber was tun, wenn der Arbeitnehmer sehr viele erwähnenswerte Projekte und Aufgaben durchgeführt hat, die den üblichen Rahmen im Arbeitszeugnis sprengen und keine Zwischenzeugnisse vorliegen? In diesen Fällen empfehlen wir, sich auf Oberbegriffe und Kernaufgaben in der Tätigkeitsbeschreibung zu beschränken und eine genaue Schilderung in der sogenannten „Dritten Seite“ der Bewerbungsunterlagen aufzunehmen.
Der Wechselgrund
Auch der Grund des Wechsels in einer Position kann eine wichtige Information für den potentiellen Einsteller sein, da nicht erklärte Stellenwechsel unter Umständen zu Fehlinterpretationen führen könnten. Insbesondere bei einem Wechsel auf eine gleichwertige oder sogar tiefer gestellte Position, beispielsweise infolge einer eigenen Bewerbung oder einer Reorganisation des Unternehmens, sollten die Gründe klar zum Ausdruck kommen. Es ist immer zu beachten, ob die Nennung des Versetzungsgrundes für den Arbeitnehmer im Einzelfall förderlich und wichtig ist.
Nach der allgemeinen Rechtsprechung sind Krankheitsdaten keine zeugnisrelevanten Leistungs- oder Verhaltenstatsachen, da davon auszugehen ist, dass die Erkrankungen unabhängig vom Willen des Arbeitnehmers entstanden sind. Krankheitsbedingte Fehlzeiten dürfen nicht im Arbeitszeugnis angegeben werden, selbst wenn sie den Kündigungsgrund bilden.
Die Fachliteratur gibt unterschiedliche Empfehlungen. Nach Auffassung des sächsischen Landesarbeitsgerichtes dürfen Krankheitszeiten im Arbeitszeugnis erwähnt werden, wenn sie mindestens die Hälfte der gesamten Beschäftigungszeit aufnehmen, jedoch ohne auf Einzelheiten, wie beispielsweise die Art der Krankheit, einzugehen. Auch Alkoholismus oder Drogenabhängigkeit dürfen grundsätzlich nicht im Arbeitszeugnis erwähnt werden, auch nicht als Andeutungen. Eine Ausnahme sieht die Literatur in Einzelfällen, beispielsweise bei Berufskraftfahrern, wenn diese wegen Alkoholgenusses im Dienst strafrechtlich verfolgt werden.
Nur mit ausdrücklicher Einwilligung des Arbeitnehmers dürfen Angaben zur Krankheit im Arbeitszeugnis aufgenommen werden. Auch hat der Arbeitgeber nicht das Recht, Dritte, in welcher Form auch immer, über Krankheiten seiner Arbeitnehmer zu informieren.
Hintergrund hierfür ist, dass der Bewerber im Einstellungsgespräch von sich aus offenbaren muss, wenn er aus gesundheitlichen Gründen bestimmte Tätigkeiten nicht ausüben kann. Im Rahmen des Fragerechtes oder von Einstellungsuntersuchungen sollen arbeitsrelevante gesundheitliche Fragen daher vor der Einstellung geklärt werden.
Die Leistungsbeurteilung im Arbeitszeugnis
Ein Arbeitszeugnis soll einen „Längsschnitt“ durch das Arbeitsverhältnis und ein charakteristisches Bild des Arbeitnehmers darstellen. Somit dürfen einzelne Ereignisse, beispielsweise einmalige Spitzenleistungen oder kurzfristige Leistungstiefs, nicht in das Arbeitszeugnis einfließen. Es ist auch nicht nur die aktuelle Position zu berücksichtigen, sondern auch die vorherigen, wenn der Arbeitnehmer unterschiedliche Positionen durchlaufen hat. Inhalte der Leistungsbeurteilung sollten sein:
Und wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Note uneinig sind?
80 % aller Arbeitszeugnisse in Deutschland werden gut oder sehr gut ausgestellt. Gibt es Differenzen bezüglich der Notengebung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, muss der Arbeitnehmer seine bessere Leistung beweisen, sofern der Arbeitgeber die Note zwei oder die Note drei ausstellt. Liegt die Bewertung unterhalb der Note drei, hat der Arbeitgeber diese Schlechtleistung nachzuweisen.
An was kann sich die Leistungsbeurteilung orientieren?
Die Bewertung selbst hat nach objektiven Maßstäben zu erfolgen, beispielsweise können die Leistungen vergleichbarer Mitarbeiter herangezogen werden. Auch der Erfüllungsgrad der vereinbarten Ziele oder zurückliegende Beurteilungen können als Gradmesser dienen.
Der Grundsatz der Individualität
Gleichzeitig soll das Arbeitszeugnis individuell und unverwechselbar sein, das verlangt der sogenannte „Grundsatz der Individualität“. Hier kommt es regelmäßig zum Dilemma, wenn ausschließlich Textbausteine verwendet werden. Denn Erfolge, Spitzenleistungen und konkret messbare außerordentliche Ergebnisse werden damit nicht abgebildet. Es empfiehlt sich daher, die Leistungsbeurteilung in der etablierten Zeugnissprache zu erstellen und individuelle Aussagen einfließen zu lassen.
Was darf nicht fehlen?
Zudem ist zu beachten, dass alle Aussagen, die für eine Einstellung relevant sein können, im Arbeitszeugnis Erwähnung finden sollen. Das können Spezialkenntnisse, erste Führungserfahrung, besondere Weiterbildungen und für die Tätigkeit relevante Stärken und Talente sein. Die Leistungsbeurteilung soll zur Funktion und zu den Aufgaben passen, so sollte beispielsweise bei einem Außendienstmitarbeiter eine Beschreibung der Verkaufserfolge, bei der Krankenschwester der Umgang mit den Patienten und bei der Buchhalterin die Vertrauenswürdigkeit und Sorgfalt bewertet werden.
Selbstverständlich muss das Arbeitszeugnis der Wahrheit entsprechen, klar und unmissverständlich sowie wohlwollend formuliert sein.