Woran Sie ein schlechtes Arbeitszeugnis erkennen
Hat ein Arbeitnehmer während seiner gesamten Arbeitszeit schlechte Leistungen erbracht, muss dies aufgrund der Wahrheitspflicht auch im Zeugnis so bewertet werden. Es ist jedoch zu beachten, dass jedes Zeugnis ein Längsschnitt durch die gesamte Beschäftigungszeit ist und dass eine vorübergehende Schlechtleistung die Note nicht beeinflussen darf. Der Vorgesetzte sollte die Leistungen des Arbeitnehmers dabei objektiv beurteilen und sich nicht von Antipathien leiten lassen.
Aber darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein schlechtes Arbeitszeugnis ausstellen und die Schlechtleistung explizit beschreiben?
Immerhin muss er sich an die Wahrheitspflicht halten und darf auch im Arbeitszeugnis nichts beschönigen. Denn der Unterzeichner muss für seine Aussagen gerade stehen. Schlechtleistung im Arbeitszeugnis auszudrücken ist immer eine Gratwanderung.
Denn auch eine Schlechtleistung muss "wohlwollend" umschrieben werden, so dass das Zeugnis das Fortkommen des Arbeitnehmers – zumindest in der Theorie - nicht behindert. Klare Formulierungen wie „Herr Mustermann brachte stets schlechte Arbeitsleistungen“ sind daher nicht zulässig. Der Aussteller des Zeugnisses muss auch die übliche Gliederung und die eingebürgerten Arbeitszeugnis-Formulierungen beachten, um Missverständnisse zu vermeiden.
Was gilt überhaupt als schlechtes Arbeitszeugnis?
Nach der Rechtssprechung ist die Note drei eine Durchschnittsbewertung, die jedem Arbeitnehmer mindestens zusteht, es sei denn, der Arbeitgeber beweist eine schlechtere Leistung. Umgekehrt muss der Arbeitnehmer eine bessere Arbeitsleistung beweisen, wenn er die Noten eins oder zwei haben möchte. Will der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer also ein Zeugnis mit der Note ausreichend oder mangelhaft ausstellen, muss er diese Wertung im Zweifelsfall nachweisen können. Denn wenn sich der Arbeitnehmer deutlich besser einschätzt, wird er in den meisten Fällen eine Nachbesserung verlangen und eventuell auch anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Nachweise können hier sein: Abmahnungen, schlechte Mitarbeiterbeurteilungen, Zeugenaussagen etc..
Wie können Sie überprüfen, ob Sie ein schlechtes Arbeitszeugnis erhalten haben?
An folgenden Merkmalen erkennen Sie ein schlechtes Arbeitszeugnis:
Länge des Zeugnisses:
Das Zeugnis ist im Verhältnis zur Tätigkeitsbeschreibung und zur Betriebszugehörigkeit unangemessen kurz. Der Arbeitgeber drückt bei guten Zeugnissen seine Wertschätzung auch durch ein aussagekräftiges Zeugnis aus.
Weglasstechnik
Eine Möglichkeit, eine Schlechtleistung in einem Bereich auszudrücken ist beispielsweise die Weglasstechnik. Hier wird das Bewertungskriterium, beispielsweise eine miserable Arbeitsqualität oder
schlechtes Sozialverhalten, im Zeugnis einfach nicht erwähnt. Wenn Sie also prüfen, welche Wertung Ihr Arbeitszeugnis hat, achten Sie auch auf die Vollständigkeit der Beurteilungskriterien! Denn
ein Einstellungsentscheider könnte auch ungewollt weggelassene Beurteilungskriterien schnell als Schlechtleistung interpretieren!
Bestimmte Formulierungen und Adjektive (diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit!):
- Ausreichend
- Oft Zufriedenstellend
- Genügend
- im Großen und Ganzen
- im Allgemeinen
- Er war stets bereit
- Er erfüllte seine Aufgaben entsprechend unseren Erwartungen
- Er kannte die Anforderungen seines Arbeitsplatzes
- Sie hat Kenntnisse im Bereich ….
- Sie bemühte sich
- Sie versuchte ihre Aufgaben zu lösen
Typische zusammenfassende Leistungsbeurteilungen bei einer mangelhaften Gesamtbeurteilungen sind beispielsweise:
- Die Arbeit von Frau Name war größtenteils zufriedenstellend.
- Mit der Arbeit von Herrn Mustermann waren wir meist zufrieden
- Insgesamt hat sie ihre Aufgaben zu unserer Zufriedenheit erfüllt
Sie haben ein schlechtes Arbeitszeugnis erhalten oder sind unsicher, was Ihr Zeugnis tatsächlich aussagt? Gerne können Sie das Zeugnis bei uns prüfen und sich beraten lassen!