die Gratwanderung zwischen Wahrheitspflicht und Wohlwollen
Die Wahrheitspflicht...
Die Zeugnissprache folgt gesetzlichen Bestimmungen. Zum einen der Wahrheitspflicht: Das Arbeitszeugnis soll der Information eines potentiellen neuen Arbeitgebers dienen. Werden Leistungen überbewertet, oder bleiben nachgewiesene strafbare Handlungen am Arbeitsplatz unerwähnt, kann der Aussteller des Arbeitszeugnisses zu Schadenersatz verpflichtet werden, wenn der neue Arbeitgeber aufgrund des Verschweigens zu Schaden kommt. Zum anderen gilt die Pflicht zur wohlwollenden Beurteilung: Das Fortkommen des Arbeitnehmers darf nicht unnötig erschwert werden.
Der komplette Beurteilungszeitraum zählt!
Diese unter Umständen konträren Interessen sind in der Zeugnissprache in Übereinstimmung zu bringen. Grundsätzlich geht es im Arbeitszeugnis um die Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers über den kompletten Beschäftigungszeitraum. Daher sind alle Aussagen wegzulassen, die für seine Leistung und Führung nicht charakteristisch sind. Zudem sind nur Informationen aufzunehmen, die für die Unterrichtung und das Interesse eines Dritten erforderlich sind. Kurzzeitige Spitzen- oder Schlechtleistungen sind also nicht im Zeugnis zu erwähnen, wenn sie tatsächlich nur Ausnahmen sind.
Uns was ist bei Fehlverhalten?
Was ist aber mit dauernder Schlechtleistung, permanenten Fehlzeiten und Straftaten wie Diebstahl? Hier gilt: Um dem Fortkommen des Arbeitnehmers nicht zu schaden, dürfen Sie dieses nicht konkret beim Namen nennen, sondern müssen solche Vorkommnisse wohlwollend umschreiben. Sie müssen hier also Arbeitszeugnis Formulierungen wählen, die die Interpretation der tatsächlichen Vorkommnisse zulassen: Bei dauerhafter Schlechtleistung beispielsweise: Er führte die ihm übertragenen Aufgaben im Großen und Ganzen zur Zufriedenheit aus. Auch wenn Ihr Arbeitnehmer Sie bestohlen hat, dürfen Sie das nicht konkret ins Zeugnis schreiben. Sie dürfen den Diebstahl aber auch nicht unerwähnt lassen. Hier verklausulieren Sie diese Tatsache durch Formulierungen wie: Herr Name war seinen Kollegen gegenüber ehrlich. Und / oder durch Hinweise im Beendigungsdatum: Das Arbeitsverhältnis endet sofort zum „Termin“.
Was darf nicht drinstehen?
Nicht ins Zeugnis gehören grundsätzlich: Kleinere Straftaten aus dem privaten Bereich, die nicht im Zusammenhang mit der geschuldeten Tätigkeit stehen. Ein Verdacht auf Diebstahl oder eine andere strafbaren Handlung darf, solange kein Urteil gefällt wurde, nicht ins Zeugnis aufgenommen werden. Außerdem: Betriebsratstätigkeiten (Ausnahme: Freistellung mehr als 1 Jahr), Schwangerschaft und Mutterschutz, Schwerbehinderungen, Gewerkschafts- und Parteizugehörigkeiten, Gesundheitszustand, Vorkommnisse im Privatleben, Nebentätigkeiten, Fehlzeiten bei weniger als 50 % der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses.
Der Grundsatz:
Der Aussteller des Zeugnisses ist verpflichtet, das Arbeitszeugnis so zu formulieren, dass Fehlinterpretationen durch einen Dritten ausgeschlossen sind.