Erst gestern Nachmittag hatte ich wieder ein aufschlussreiches Gespräch mit einem Kunden, das mir erneut vor Augen geführt hat, wie wichtig es ist, Arbeitszeugnisse nicht nur als rechtliche Formalität zu betrachten. Dieser Kunde war seit über zehn Jahren in einer Führungsposition und benötigte ein Arbeitszeugnis für seine berufliche Weiterentwicklung. Als er jedoch das erhaltene Zeugnis in den Händen hielt, war seine Enttäuschung groß: Es bestand hauptsächlich aus standardisierten Floskeln wie „Er erfüllte seine Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“. Diese Phrasen spiegeln weder die Tiefe seiner Arbeit noch seine Erfolge wieder.
Für ihn fühlte es sich an, als wäre seine gesamte berufliche Laufbahn auf leere Floskeln reduziert worden – ein frustrierendes Erlebnis.
Der Versuch, das Arbeitszeugnis anpassen zu lassen
In seinem Frust wandte sich mein Kunde an die Personalabteilung und bat darum, das Zeugnis zu überarbeiten. Schließlich hatte er das Unternehmen über Jahre hinweg durch schwierige Zeiten geführt und erwartete, dass diese Leistungen im Zeugnis angemessen gewürdigt würden. Doch die Antwort, die er erhielt, war enttäuschend: „Das Zeugnis erfüllt alle rechtlichen Anforderungen. Mehr können wir nicht tun. Wir verwenden die standardisierten Formulierungen, die alle Mitarbeiter erhalten. Da wir Ihre Leistungen im Detail nicht beurteilen können, bleibt das Zeugnis in dieser Form bestehen.“
Es war eine ernüchternde Erkenntnis: Standardfloskeln genügen den rechtlichen Anforderungen, doch sie erzählen selten die ganze Geschichte.
Eine persönliche Erkenntnis
Ironischerweise gestand mein Kunde ein, dass er in der Vergangenheit bei den Arbeitszeugnissen seiner eigenen Mitarbeiter wenig Wert auf Individualität gelegt hatte. Solange die rechtlichen Vorgaben erfüllt waren, hielt er dies für ausreichend. Doch nun, da er selbst betroffen war, erkannte er, wie wenig diese standardisierten Formulierungen tatsächlich über die erbrachte Leistung aussagen.
Diese Doppelmoral brachte mich zum Nachdenken. Es ist leicht, Standardformulierungen zu akzeptieren, wenn es nicht um die eigene Karriere geht. Doch sobald man selbst in der Lage ist, ein Arbeitszeugnis zu erhalten, wird deutlich, dass ein Zeugnis weit mehr sein muss als nur eine Formalität. Es ist ein wichtiger Bestandteil der beruflichen Laufbahn und kann nicht nur die Vergangenheit dokumentieren, sondern auch zukünftige Chancen beeinflussen.
Der Wert eines individuellen Arbeitszeugnisses
Führungskräfte erwarten, dass ihre individuellen Leistungen in einem Arbeitszeugnis würdigt werden. Doch sollte nicht jeder Mitarbeiter, unabhängig von seiner Position im Unternehmen, diese gleiche Anerkennung erfahren? Jeder Mitarbeiter trägt auf seine Weise zum Erfolg eines Unternehmens bei und verdient es, dass dieser Beitrag fair und ehrlich im Zeugnis reflektiert wird.
Standardisierte Formulierungen mögen den rechtlichen Anforderungen genügen, doch sie erfassen selten das, was ein Arbeitszeugnis wirklich sein sollte: Eine Reflexion der individuellen Leistungen, des Engagements und der Erfolge.
Warum jedes Arbeitszeugnis individuell sein sollte
Es ist wichtig, dass jedes Arbeitszeugnis die spezifischen Leistungen des Mitarbeiters widerspiegelt. Pauschale Aussagen oder Standardfloskeln geben nur selten das wahre Engagement und die Erfolge wieder. Jeder Mitarbeiter, unabhängig von der Hierarchieebene, sollte ein ehrliches und differenziertes Zeugnis erhalten, das seine Arbeit objektiv und wertschätzend darstellt.
Das Arbeitszeugnis ist nicht nur ein formelles Dokument – es ist ein wesentlicher Bestandteil der beruflichen Entwicklung. Ein individuell gestaltetes Zeugnis kann Türen öffnen und den Weg für zukünftige Erfolge eröffnen.
Fazit
Arbeitszeugnisse sollten keine leeren Floskeln enthalten, sondern die Leistungen eines Mitarbeiters klar und differenziert würdigen. Jeder Mitarbeiter, ob Führungskraft oder Teammitglied, hat es verdient, dass sein Beitrag zum Unternehmenserfolg fair und ehrlich reflektiert wird. Nur so wird das Arbeitszeugnis zu einem wertvollen Dokument, das nicht nur die Vergangenheit beschreibt, sondern auch die Zukunft positiv beeinflussen kann.
Jeder verdient ein Arbeitszeugnis, das seine individuelle Leistung respektiert und würdigt.